Makkah Clock
Für das momentan zweithöchste Gebäude in der Welt, mit einer Höhe von 601m lieferte das Calwer Traditionsunternehmen PERROT Turmuhren und Läuteanlagen die größte jemals gebaute Turmuhr in der Welt. An allen vier Seiten, des volumenmäßig größten Gebäudes der Welt, dem King Abdul-Aziz Endowment Project, ist ein Zifferblatt mit einem Durchmesser von 43m in einer Höhe von 426m angebracht. Das Gebäude steht in keiner geringeren Stadt, als in Mekka, Saudi Arabien, und zeigt den gläubigen Muslimen nun täglich die Zeit.
Es handelt sich dabei um die Makkah Clock.
Perrot, die bis dahin als größte Turmuhr einen Zifferblattdurchmesser von 12,5m bauten und lieferten, wurden im Jahr 2006 von der Firma SL Rasch GmbH in Leinfelden-Echterdingen angefragt, eine sehr große Turmuhr zu bauen. Dr. Bodo Rasch mit seinem Team der SL Rasch GmbH ist bekannt als Spezialist für Konstruktionen in Leichtbauweise, Kuppeln, Riesen-Schirmen mit besonderen Mechanismen und Drainagesystemen. All diese technischen Besonderheiten werden verbunden mit dem für die jeweilige Aufgabe und Region spezifischen Design. Dadurch hat SL Rasch im arabischen Raum und in Asien einen herausragend guten Ruf, wenn es um technisch schwierige Lösungen geht, die gleichzeitig noch gut aussehen sollen, einfach bedienbar und gut zu warten sind. Die technischen Vorgaben und das Design werden von SL Rasch vorgegeben und dann in Expertenteams nach den besten Lösungen gesucht. Für die Aufgabe ‚einer sehr großen Turmuhr‘ wurde von Herrn Dr. Bodo Rasch die Calwer Turmuhrenfirma ausgewählt. Im Laufe der Planung wuchs der Durchmesser von 16m auf schlussendlich 43m an. Die gesamte Planung, Konstruktion, Fertigung und Montage der Turmuhr lag im Verantwortungsbereich der Calwer Turmuhrenbauer. Hauptauftraggeber für dieses gigantische Projekt ist das größte Bauunternehmen im arabischen Raum mit Sitz in Jeddah.
Die Zifferblätter sind bei diesen Dimensionen Teil der Gebäudefassade. Bei der Dimensionierung der Zahlen, die eine Länge von ca. 7m haben, floss das Know-how von Perrot mit ein. Der Minutenzeiger hat eine Länge von insgesamt 22 Metern und der Stundenzeiger von 17 Metern und jeder Zeiger hat ein Gesamtgewicht von ca. 7.500 kg. Da die Zeiger mit LED beleuchtet werden und diese auch gewartet werden müssen, wurden die Zeiger so konstruiert, dass Sie innen begehbar sind. Über eine Revisionsöffnung in den Zifferblättern, können die Zeiger mittels einer Brücke betreten werden. Um die Zeiger so leicht wie möglich und so stabil wie nötig zu bekommen, wurden sie aus einem Kohlefaser-Verbundwerkstoff gefertigt, der normalerweise in der Raumfahrt eingesetzt wird. Trotz sehr hohen Windlasten in über 400m Höhe dürfen die Zeigerspitzen nur minimal schwanken, damit die Zeiger nicht gegeneinander- bzw. gegen die Fassade/Zifferblatt schlagen. Aufgrund von speziellen Berechnungen wurde das Design und die Form der Zeiger mehrmals angepasst, um eine minimale Angriffsfläche des Windes und Verwirbelungen zu erzielen. Daraus ergab sich auch das konkave Design des Zifferblattes sowie ein nur sehr geringer Abstand der Zeiger zueinander und der Zeiger zu den Zifferblättern.
Der Antrieb als das Zentrum der Anlage musste so konstruiert werden, dass er eine Lebensdauer von mehr als 100 Jahren erreicht und die hohen Gewichte der Zeiger und Windlasten aufnehmen kann. Dadurch entstanden die weltweit größten und schwersten Antriebe für Turmuhren, die jemals gebaut wurden. Das Gewicht je Antrieb beträgt ca. 21 Tonnen. Jeder Zeiger wird über das spezielle Getriebe mit einem separaten Motor angesteuert. Die eigens angefertigten Zahnräder bestehen aus einer besonderen Schmiedebronze, die die notwendige Zähigkeit für diese Anforderungen hat. Je nach Zahnrad haben diese einen Durchmesser zwischen 800 und 1.200 mm und ein Gewicht von ca. 1.000 kg. Die Steuerung der Anlage ist mehrfach redundant und besitzt Fehlerfrüherkennungssysteme. Dies alles musste neu entwickelt, konstruiert und gefertigt werden. Soweit dies möglich war, fertigte Perrot Teile und Komponenten selbst, ansonsten wurde in einem Netzwerk von Spezialisten und mit Spezialfirmen, unter Federführung von Perrot, die Teile geplant, gefertigt und schließlich montiert.
Um vor dem Einbau in Mekka auch Sicherheit darüber zu haben, ob die Berechnungen, Auswahl der Materialien, Konstruktion und Steuerung einwandfrei funktionieren, wurde ein Antrieb über ein Jahr lang auf Herz und Nieren geprüft. Über ein eigens dafür konstruiertes System wurden die Windlasten und externen Kräfte simuliert. Nach dieser Testphase wurde der Antrieb komplett auseinandergenommen und der Verschleiß der Lager, Zahnräder etc. überprüft: Das Ergebnis hat die Erwartungen mehr als erfüllt.
Eine weitere Herausforderung war für Perrot der Aufbau eines Zeitinstituts. Entsprechend dem Zeitsignal des Deutschen Zeitzeichensenders (DCF77) in Deutschland, wird in Mekka inzwischen im Zeitinstitut die MAKKAH TIME erzeugt. Mit Hilfe von fünf hoch präzisen unabhängig voneinander arbeitenden Cäsiumuhren, die das Herzstück des Makkah-Time-Institutes darstellen, wird die Makkah-Time erzeugt, und gibt dieses Signal schlussendlich an die Antriebe weiter. Das Zeitinstitut wird später an das UTC (Universal Time Coordinated)-Netzwerk in Paris angeschlossen. Dann soll die Makkah-Time durch die nationalen und internationalen Rundfunk- und Fernsehkanäle übertragen werden.
Es wird damit gerechnet, dass der Uhrenturm in Mekka jährlich von ca. 400 Blitzen getroffen wird. Deshalb wurde die Turmuhrenanlage mit einem Blitzableitersystem ausgestattet. Jede Seite besitzt insgesamt einen permanent ausgefahrenen Blitzableiter im Zentrum der Uhr und vier Teleskop-Blitzableiter, die bei Bedarf aktiviert werden. Über ein Blitzortungssystem kann festgestellt werden, wann die Blitzableiter ausgefahren werden müssen. In der über 150jährigen Firmengeschichte ist dies die erste Turmuhrenanlage, die von Perrot mit einem Blitzableitersystem ausgestattet wurde.
Da in Mekka über 320 Tage im Jahr die Sonne scheint, wurde während der Projektlaufzeit entschieden, dass die Antriebe mit Solarstrom betrieben werden. Perrot ist deshalb auch für die Lieferung der Solarzellen, der Schaltschränke und das notwendige Backup-System verantwortlich.
Diese Turmuhr schlägt damit alle bisherigen Rekorde: Es ist die größte solarbetriebene Turmuhr, die an der höchsten Stelle eines Gebäudes installiert ist, mit einem Blitzableiter ausgestattet wurde, die größten und schwersten Zeiger mit Beleuchtung und den größten und schwersten Zeigerantrieb der Welt hat und direkt von einem Zeitinstitut ein unabhängiges Zeitsignal erhält.
Dass Perrot dadurch in vieler Hinsicht das vorhandene Know-how einsetzen konnte, war Voraussetzung, dass der Auftrag an das Calwer Unternehmen ging. In den über vier Jahren der Realisierung dieses Projekts gewannen die Perrots mit ihren Mitarbeitern aber in einer Vielzahl von weiteren Bereichen und auch im Turmuhrenbereich ein enormes zusätzliches Wissen, wodurch die technische Weltmarktführung im Turmuhrenbereich weiter ausgebaut werden konnte. Es gibt keine Firma in diesem Bereich, die über mehr Fachwissen in dieser Breite und Tiefe mit Turmuhren verfügt. Dies ist nicht zuletzt auch auf das große Netzwerk, das SL Rasch durch frühere Projekte bereits hatte, zurückzuführen, wodurch sich manche Synergien ergaben.
Die Turmuhr, die in einem Umkreis von acht Kilometern sichtbar ist, musste aufgrund der Situation vor Ort eine externe Firma die Montage durchführen.. Deshalb musste eine Firma gefunden werden, die diese spezielle Anlage montieren konnte. Mit einem türkischen Anlagenbauer, der auch den oberen Teil des Gebäudes montierte, wurde ein sehr kompetenter Partner ausfindig gemacht, der vor Ort die von Perrot geforderte Präzisionsarbeit leistete. Es war nämlich eine weitere Schwierigkeit zu bewältigen: Die Kräne konnten maximal ein Gewicht von 16 Tonnen heben. Dies bedeutete, dass die Antriebe in zwei Teile zerlegt und vor Ort, in 426m Höhe wieder zusammengeführt werden mussten. Darüber hinaus engagierte Perrot einen muslimischen Ingenieur, der vor Ort sowohl mechanisch als auch elektronisch die Anlage betreut. Der Rest musste über Telefon, Skype und Email koordiniert werden, was immer wieder ein Spagat darstellte.
Zum Ende des Ramadans 2011 wurde nun die größte Turmuhr der Welt von dem saudischen König Abdul Aziz, dem Hüter der beiden heiligen Moscheen, feierlich eingeweiht.
Für uns hat die Makkah Clock eine ganz besondere Bedeutung, erläutern die Perrot-Brüder. Wir freuen uns über den interreligiösen Kontakt, der dadurch entstanden ist und über den von großem Respekt, höchstem Vertrauen und gegenseitiger Wertschätzung geprägten Umgang miteinander, der in vielen kleinen und großen Gesten seinen Ausdruck findet. Dies wird von den Waldenser-Brüdern genauso gesehen, wie für einen aus Mekka angereisten Imam, der die besondere Beziehung der Christen zu den Muslimen, die durch dieses Projekt entstand, hervorhob.
‚Insgesamt gibt uns die Mitwirkung an diesem großartigen Projekt jedenfalls viele Gelegenheiten, unsere interkulturellen und interreligiösen Kompetenzen zu erweitern und sie im Umgang miteinander zu erproben. Dafür sind wir sehr dankbar, denn wir wissen: Als weltweit agierendes Unternehmen sind diese Fähigkeiten für uns unverzichtbar‘. Die jahrzehntelange Erfahrung in diesem Bereich von Herrn Dr. Bodo Rasch, der ein Kenner der muslimischen und christlichen Religionen ist, war den Perrots dabei ein überaus wertvoller ‚Lehrer‘.
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